Begriffsklärung:Dulosis = Sklavenhaltung, gehört zum Bereich des
permanenten Sozialparasitismus. Bei Duloten unternehmen (+/- ausgewachsene) Völker immer wieder organisierte Raubzüge auf Wirtsvölker, mit dem Ziel, vor allem Arbeiterinnen-Puppen zu erbeuten, aus denen dann Hilfsameisen („Sklaven“) schlüpfen.
Obligatorische Dulosis (Bsp.
Polyergus rufescens, Harpagoxenus sublaevis, Chalepoxenus- und
Myrmoxenus-Arten) sind ohne solche Hilfsameisen nicht überlebens- und reproduktionsfähig. Die Zahl der Hilfsameisen übersteigt fast immer die der eigenen Arbeiterinnen.
Fakultative Dulosis (Bsp.
Raptiformica sanguinea, in Nordamerika weitere Arten) unternehmen Raubzüge auf
Formica spp. (fast immer der Untergattung
Serviformica), haben in der Regel Hilfsameisen im Nest, doch in geringerer Zahl als eigene Arbeiterinnen, können notfalls jedoch sogar ohne Hilfsameisen auskommen. Ein Großteil der geraubten Brut wird an die eigene (
Raptiformica-) Brut verfüttert (trotz zahlreicher Untersuchungen und Berichte lässt sich m. E. noch nicht beurteilen, wie viel von der geraubten Brut gefressen wird bzw. schlüpfen darf; möglicherweise hängt das auch vom Zeitpunkt der Raubzüge im Jahreszyklus ab, sowie von der Ernährungslage der raubenden Völker!).
Obligatorische Duloten gründen ihre Kolonien immer abhängig, bei einer der Sklavenarten (eine Dulotenart kann mehrere Wirts- bzw. Sklavenarten haben).
Bei
Raptiformica scheint abhängige Koloniegründung die Regel zu sein, doch soll es bei
R. sanguinea auch auf andere Art möglich sein (selbständig in Pleometrose, Raub einiger weniger Wirtspuppen durch die gründende Königin, andere?)
Temporärer Sozialparasitismus (Bsp.
Chthonolasius-Arten,
Lasius fuliginosus): Nur die Koloniegründung erfolgt parasitisch bei einer Wirtsart. Nach der Gründungsphase enthalten die Völker der temporären Sozialparasiten nur noch eigene Arbeiterinnen und benötigen keine Hilfsameisen mehr.
Inquilinismus ist eine weitere Form des permanenten Sozialparasitismus. Die parasitischen Arten leben dauerhaft in den Nestern ihrer Wirtsarten und können weder selbständig Völker gründen noch sich ohne Wirtsart fortpflanzen (Bsp.
Plagiolepis xene, Leptothorax pacis, Anergates atratulus). Zumeist bilden die Inquilinen keine oder allenfalls sehr wenige eigene Arbeiterinnen aus.
Zu Formica truncorum: Die meisten, wo nicht alle, Arten der Untergattung
Formica s. str. sowie der UG.
Coptiformica sind fakultativ polygyn, haben also monogyne Völker und in mehr oder weniger großem Umfang polygyne und polydome Kolonieverbände. Monogyne Völker werden durch je eine Jungkönigin temporär parasitisch gegründet, bei polygynen werden Jungköniginnen in vorhandene Völker aufgenommen; die Kolonievermehrung erfolgt dann hauptsächlich durch Aufspaltung großer Völker mit jeweils mehreren bis vielen Königinnen (bei
F. polyctena sind nur äußerst wenige angeblich monogyne Völker dokumentiert; meines Wissens nur anhand der Größe der Arbeiterinnen! Es ist auch schwierig, bei den riesigen Völkern die Anwesenheit nur einer Königin nachzuweisen und die Existenz einer oder einiger weniger weiterer auszuschließen).
Völker von
F. truncorum mit einem Anteil fremder Arbeiterinnen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit noch jüngere, parasitisch gegründete Völker.
Eine weitere Ursache für Mischnester können territoriale Auseinandersetzungen zwischen zwei Völkern verschiedener Arten sein, mit Übernahme von Brut aus dem unterlegenen Volk. Ob die von Gößwald erwähnten Gynen von
F. polyctena in
F. truncorum- Nestern begattet und fertil waren, wurde mit Sicherheit nicht überprüft!
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass wir über Formica truncorum längst noch nicht alles Wissenswerte kennen. Vermutungen sind keine Beweise!
Das Buch Gösswald K. (2012):Die Waldameise - Biologie, Ökologie und forstliche Nutzung. Sonderausgabe in einem Band, Aula-Verlag Wiebelsheim ist eine lange nach dem Tod des Autors erschienene, wenig fachkundig und m. E. lieblos zusammengeschriebene Kurzform seiner ursprünglich zwei umfangreichen Bände. Kurz gesagt:
Es gibt den Stand der Forschung in den 1980er Jahren wieder, und das zum Teil fehlerhaft! Man muss bedenken, dass es zur Zeit von Gößwald noch erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Taxonomie der
Formica s.str.- Arten gab. Manche Beobachtungen können sich auf andere als die genannten Arten beziehen!
Hier hatte ich mich dazu im Forum der DASW geäußert: http://www.ameisenschutzwarte.de/forum/ ... 97&start=0Es sei auch auf eine ausführliche Besprechung durch unser Mitglied „Teleutotje“ im amerikanischen The Ant Farm and Myrmecology Forum (früher: Yuku-Forum) hingewiesen:
https://www.tapatalk.com/groups/antfarm ... 13932.html MfG,
Merkur