Formica (Serviformica) rufibarbis

Formica (Serviformica) rufibarbis

Beitragvon Boro » Mittwoch 4. Juni 2014, 17:02

Die Art gehört zu den "Sklavenameisen" und dient einigen Sozialparasiten mitunter als Wirtsameise, dazu zählen ein paar Formica s. str. und Polyergus rufescens. Volksstarke Populationen, die ein paar tausend Tiere umfassen können, leisten diesen Sozialparasiten oft erfolgreichen Widerstand. Sie ist ziemlich thermophil und siedelt vor allem in sehr gut besonnten Magerwiesen, in Ruderalfluren mit weniger Bodenbewuchs oder an Weg- und Ackerrändern. Es ist in Mitteleuropa eine häufige Art. Eine Verwechslung ist mit Formica cunicularia und vor allem mit Formica clara leicht möglich. Zur Bestimmung ist immer eine Nestserie notwendig oder eine eingehende Beobachtung der Nestpopulation selbst. Die nachstehenden Bilder zeigen, dass die Gynen unterschiedlich gefärbt sein können, die typische rote Zeichnung auf dem Mesonotum ist aber immer mehr od. weniger deutlich erkennbar. Bei den Arbeiterinnen besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Größe des Individuums und der Ausfärbung: Große Exemplare zeigen bei vielen Populationen ein fast oder gänzlich orange-rotes Mesosoma, kleinere Tiere sind immer dunkler gefärbt.
Die Arbeiterinnen werden bis zu 7,5 mm lang, in Einzelfällen bis 8 mm. Derzeit werden in volksstarken Nestern vorrangig Geschlechtstiere aufgezogen, man findet bereits Puppen und erste adulte Geschlechtstiere. Das Schwärmen findet ab Mitte Juni bis in den Juli hinein statt und zwar am Vormittag, bei guter Besonnung des Neststandortes bereits ab etwa 08:00.
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Tanzbg. 13.7. (82).JPG
Die für Gynen typische rötliche Rückenzeichnung, bei dunkleren Exemplaren auch weniger deutlich
DSC09492.JPG
Ein besonders schön gefärbtes Exemplar ebenfalls in dorsaler Ansicht
DSC09507.JPG
Das gleiche Tier hält sich mühsam an der Seitenwand der Beobachtungsbox. Seltene Färbung
Clara 7.JPG
Eine kräftige Arbeiterin, die minimale Behaarung auf der dorsalen Seite d. Pronotums könnte auch auf Formica clara hinweisen!
DSC03495 (38).JPG
Eine Gruppe größerer Arbeiterinnen an der Futterstelle
Attack 2.JPG
"Fliegeralarm": Eine sozialparasitische Klein-Wespe (vermutlich Zehr-Wespe) hat sich auf der Gaster einer Arbeiterin niedergelassen. Ein Ei wird zwischen die Segment-Ringe gelegt, das Unheil nimmt seinen Lauf....
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Re: Formica (Serviformica) rufibarbis

Beitragvon Boro » Dienstag 8. Juli 2014, 15:00

Einen Meter neben der eben gezeigten F. cunicularia-Gyne [http://www.ameisenportal.eu/viewtopic.php?f=48&t=470&p=3420#p3420] lief eine mindestens ebenso schnelle dealate Gyne v. F. rufibarbis über den Weg.

Ein weiters Foto im Anhang soll darauf hinweisen, dass nicht alle Arbeiterinnen der Art einen so hohen Rotanteil an der Gesamtfärbung aufweisen, wie er auf den bisher gezeigten Bildern zu sehen ist. Es soll kein falscher Eindruck entstehen!
Auf den ersten Blick sind dunkle F. rufibarbis nicht immer leicht von F. cunicularia zu unterscheiden, man muss einen guten Teil der Nestpopulationen betrachten und im Zweifelsfall ein paar Exemplare zur Bestimmung mitnehmen. Nach SEIFERT sind die beiden Arten unter dem Bino recht gut zu unterscheiden (Behaarungsmerkmale, Färbung des Kopfes, S. 182).
Nach meinen bisherigen Erfahrungen gibt es (zumindest in Kärnten) 3 immer wieder auftauchende Farbvarianten v. F. rufibarbis-Völkern:
1. Gemischte Völker, wobei die Färbung mit der Größe der Individuen zusammenhängt: Kleine Tiere sind dunkel gefärbt, große weisen ein mehrheitlich rötliches Mesosoma auf.
2. Völker mit durchgehend dunkler gefärbten Arbeiterinnen, nur einzelne (meist größere) Tiere zeigen eine stärkere Rotfärbung.
3. Völker mit unabhängig von der Individuengröße ganz vorwiegend oder vollkommen orangerot gefärbtem Mesosoma [Bilder Roman Borovsky].
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IMG_8475a.jpg
Das ist eine "durchschnittlich" gefärbte Gyne. Selten gibt es Gynen mit höherem Rotanteil (siehe oben), aber sie können auch deutlich dunkler gefärbt sei, sodass die rote Rückenzeichnung undeutlicher wird.
IMG_4646.JPG
Hier sehen wir die zwei Farbmorphen eines Volkes
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Re: Formica (Serviformica) rufibarbis

Beitragvon Boro » Freitag 3. Oktober 2014, 19:49

Noch ein paar recht gute Bilder der Art: Populationen bzw. Arbeiterinnen mit durchgehend orange-rotem Mesosoma sind nicht mit F. cunicularia zu verwechseln; bei entsprechenden Vorkommen am ehesten mit F. clara.
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02083 (38) Kopf.JPG
Porträt einer schön gefärbten Gyne
DSC03495 (35).JPG
DSC03495 (36).JPG
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Re: Formica (Serviformica) rufibarbis

Beitragvon Boro » Dienstag 21. Oktober 2014, 12:32

Das Schwärmen von F. rufibarbis ist kein besonders auffallendes Ereigneis: Gynen und Männchen kommen nach und nach, manchmal in kleinen Gruppen an die Nestoberfläche, klettern auf Gräsern in die Höhe und fliegen ab. Das Schwarmen findet in der Regel in den Morgenstunden statt, nur bei später besonnten Neststandorten verschiebt sich die Schwarmzeit in die Mittagsstunden.
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DSC09357.JPG
DSC09364.JPG
DSC09372.JPG
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Re: Formica (Serviformica) rufibarbis

Beitragvon Boro » Samstag 9. Mai 2015, 17:29

Noch 3 gute Bilder von Arbeiterinnen der Art (Fotos v. Roman Borovsky): Große Arbeiterinnen (zw. 7 u. 8 mm) haben meist ein ganz rot-oranges Mesosoma
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IMG_3687.JPG
IMG_3689.JPG
IMG_3696.JPG
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Re: Formica (Serviformica) rufibarbis

Beitragvon Boro » Donnerstag 9. Januar 2020, 18:13

Ich habe 5 Belege in Alkohol bekommen: Formica (Serviformica) rufibarbis würde ich sofort sagen. Aber ein Detail ist mir aufgefallen: Auch wenn man die vom Alkohol etwas aufgequollene Gaster berücksichtigt, sind alle Individuen auffallend groß, etwa 8 mm Länge! F. rufibarbis ist verglichen mit anderen Serviformica spp. eine Spur größer, bisher konnte ich max. 7,5 mm messen. Vereinzelt findet man in F. rufibarbis-Nestern etwas größere und kräftig gebaute Arbeiterinnen, aber hier habe ich 5 Stück und alle gleich groß! Ich dachte schon an F. clara, aber Behaarung von Pronotum/Mesonotum, Kopfform, Färbung des Kopfes sprechen dagegen: viewtopic.php?f=16&t=1183&p=9581&hilit=Formica+clara&sid=ef3c248368edd5c616277bf5f7152074#p9581
Die Bestimmung von F. clara gilt als sehr schwierig, es geht vor allem und die Abtrennung zu F. rufibarbis. Ich weiß, dass man auf die Färbung der Körperteile nicht allzu viel Gewicht legen sollte, es kann auch Populationen von F. clara geben, die weniger Rotanteile in der Cuticula zeigen, als in dem Link oben zu sehen ist. Fotos: Roman Borovsky
Alles in allem: Auffallend große Arbeiterinnen von F. rufibarbis
L.G.
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_MG_3755a.jpg
Laterale Ansich: Die Beborstung des dorsalen Mesosoma ist schwer zu erkennen
_MG_3757.JPG
Kopf frontal: Die rote Pigmentierung hält sich in Grenzen
_MG_3764.JPG
dorsale Ansicht
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