von Boro » Montag 11. Dezember 2017, 18:53
Die Messor-Arten in der "näheren Umgebung", also in Friaul und Istrien habe ich mit Sohn Roman schon öfter beobachten können (Messor structor, M. capitatus, M. wasmanni), außerdem haben wir die Arten auch schon durch einige Jahre in Terrarien gehalten, derzeit ist noch M. structor übrig. Bei verschiedenen Anlässen hat sich die Frage nach den Verteidigungsmöglichkeiten oder generell nach der Kampfkraft dieser Arten gestellt. Mir ist bekannt, dass sie nicht mehr stechen können, da sie zu jenen Knotenameisen gehören, deren Stechapparat verkümmert ist. Wenn man sich die Morphologie der Arbeiterinnen anschaut, so erscheint vor allem bei M. capitatus das Missverhältnis von Kopfgröße (Gewicht) zu Mesosoma und Gaster bei den Majoren sehr deutlich. Bei M. wasmanni ist es etwas weniger auffallend, bei M. structor würde ich nicht mehr von einem "Missverhältnis" der genannten Körperteile zueinander sprechen.
1. Die Majore dieser Arten sehen mit ihren gewaltigen Mandibeln "furchterregend" aus, als "Krieger" sind sie kaum zu gebrauchen: Etwas schwerfällige Bewegungen, die notwendigen Reflexe auf akute Bedrohungsszenarien sind offensichtlich unterentwickelt, auf mich wirken diese Majore "tollpatschig". Das gilt etwas weniger für M. structor.
2. Hinzu kommt, dass diese Arten nicht kooperativ kämpfen, sie sind im wesentlichen Einzelkämpfer und haben somit gegen kleine, flinke und in Teamarbeit vorgehende Feinde keine Chance. Vor etlichen Jahren habe ich eine starke Messor structor-Kolonie über Nacht an Lasius emarginatus verloren. Lasius Arbeiterinnen hatten einen kleinen Zugang zum Terrarium entdeckt, diesen vergrößert, die eigenen Truppen rekrutiert und am Morgen waren alle Messor tot, die Brut war geraubt. Ich fand eine einzige tote Lasius -Arbeiterin, sie wurde wohl zufällig von den Mandibeln eines Majors ergriffen.
3. So wie beschrieben, scheinen sie bestenfalls in der Lage, ein Sekret aus der Analdrüse auf Gegner schmieren zu können. Durch die Anpassung an die Granivorie dürften nicht nur Fähigkeiten zur Nutzung anderer Nahrungsquellen verlorgen gegangen zu sein, sie betreiben z. B. keine Trophobiose und sind sicher nicht zur Jagd auf (schnellere) Beutetiere geeignet; Aas dürfte aber eine willkommene Abwechslung sein, wie man immer bei der Fütterung der Terrarientiere sehen kann. Auch die Trophallaxis, die Fähigkeit zum sozialen Futteraustausch scheint verloren gegangen zu sein.
Andererseits haben sich größere Tiere mit riesigen Köpfen und entsprechend ausgebildeten Kauinstrumenten herausgebildet. Sie sind in der Lage harte Samen zu zerteilen und in gemeinsamer Arbeit über das Ameisenbrot die notwenidigen Kohlehydrate zu gewinnen. Jede besondere Spezialisierung kann mit der Verlust anderer Fähigkeiten einhergehen.
4. Zur Frage des erfolgreichen Überlebens dieser Arten, soll der übliche Lebensraum zuerst genannt werden, steppenartige, felsdurchsetzte und heiße Habitate, die von vielen anderen Arten eher gemieden werden. Dazu kommt die spezielle Ernährung, wodurch sie für keine andere Ameisenart als Nahrungskonkurrent auftreten. Die optimale Auswertung der Nahrung als Granivoren gestattet trotzdem die Ausbildung sehr volksstarker Kolonien, die bei etwaigen Kämpfen verursachte Verluste wettmachen können.
L.G.
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- In lateraler Ansicht wird das Ungleichgewicht der einzelnen Körperteile bei einem Major von Messor capitatus gut sichtbar. Foto: Roman Borovsky