Doch es gibt noch eine andere Form von „Krypsis“: Nämlich tatsächlich extrem seltene, oder vielleicht auch nur sehr selten gefundene Arten. Dies gilt oft für eigentlich „bekannte“,
leicht erkennbare und längst beschriebene Sozialparasiten, besonders Inquilinen, von denen über das ganze Jahr evtl. nur eine einzige Königin in einem polygynen Volk der Wirtsart lebt.
Nur für kurze Zeit, wenn der Parasit Geschlechtstiere produziert hat, sind z. B. Anergates atratulus oder Teleutomyrmex spp. in ihren Wirtsnestern der Gattung Tetramorium
in größerer Zahl anzutreffen und leichter zu finden.
Auch zur Gattung Myrmica gehören eine ganze Reihe von Arten, die zum Teil mit eigenen Gattungsnamen belegt wurden, da sie in der Regel recht auffällige äußere Merkmale aufweisen.
Inzwischen hat man diese Gattungen fast alle zu Myrmica gestellt, und zum Teil mehrere beschriebene Arten zu einer zusammengefasst, obwohl sie eigentlich recht gut zu unterscheiden
sind. Da läuft es also fast umgekehrt zur Vermehrung der Artenzahl durch die Beschreibung kryptischer Schwesterarten!
Ich habe mich über Jahrzehnte mit Sozialparasiten befasst, ganz besonders solcher von Temnothorax und Leptothorax. Doch hin und wieder traf ich auch auf Myrmica-Parasiten.
Noch immer sind diese rätselhaft! Ein paar Beispiele will ich hier vorstellen. Inzwischen gibt es auch gute farbige Abbildungen dazu.
1) Myrmica myrmicoxena Forel, 1895
Zu beachten sind die ventralen Anhänge an Petiolus und Postpetiolus, die bei normalen Myrmica-Arten nicht derart ausgeprägt sind!
Zu beachten sind die ventralen Anhänge an Petiolus und Postpetiolus, die bei normalen Myrmica-Arten nicht derart ausgeprägt sind!
"Am 20. August 1869 sammelte Mr. Edouard Bugnion einige Gynen und Männchen einer sozialparasitischen Ameise in den Schweizer Alpen (Alp Anzeindaz) (KUTTER, 1977, RADCHENKO & ELMES 2003).
FOREL (1895) beschrieb die Gynen der Serie als Myrmica myrmicoxena. Trotz wiederholter Suche am Typenfundort wurde die Art im 20. Jahrhundert nicht wieder gefunden (KUTTER 1977)." So
schrieben Glaser et al. 2010 in der Einleitung zu ihrer Veröffentlichung.
Dies hat sich inzwischen geändert: 140 Jahre nach dem Erstfund!
Glaser, F., Lush, M.J. & Seifert, B. (2010): Rediscovered after 140 years at two localities: Myrmica myrmicoxena Forel, 1895 (Hymenoptera: Formicidae). - Myrmecological News 14, 107-111.
(Nach 140 Jahren an zwei Orten wiederentdeckt: Myrmica myrmicoxena Forel, 1895)
Zusammenfassung: Die inquiline Knotenameise Myrmica myrmicoxena FOREL, 1895 war seit ihrer Entdeckung in den Schweizer Alpen im Jahr 1869 nicht wieder gefunden worden.
Wir stellen zwei neue Nachweise der Art in der Schweiz (Eggishorn, Fiesch, 2213 m Seehöhe) und Norditalien (Laas, Südtirol, 1700 m Seehöhe) vor. Die Art besiedelt subalpines, kurzrasiges
Grasland. Myrmica lobulicornis NYLANDER, 1857 scheint die (wahrscheinlich) einzige Wirtsart zu sein, was aufgrund von Feldbeobachtungen und der Höhenverbreitung beider Arten
bestätigt wird. Morphometrische Daten von allen drei Fundorten werden präsentiert und verglichen. Es wurden keine morphologischen Unterschiede zwischen der Typenserie und dem neu
gesammelten Material festgestellt.
Es ist also eine Ameisenart, die bisher nur an drei Orten im Alpenraum, in der Schweiz und in Österreich, gefunden wurde. Über die Lebensweise ist nur sehr wenig bekannt.
--Wird fortgesetzt--
MfG,
Merkur