Zahllose Fälle falscher Anwendung des Begriffs sind in der Literatur zu finden. Manche Autoren verstehen unter Oligogynie "einfach" die Koexistenz von "mehreren", aber "nicht unbegrenzt vielen" Königinnen in einem Nest. Eine Abgrenzung zwischen "mehreren" und "vielen" Königinnen ist unmöglich.
Man kann bei Anwesenheit von mehreren physogastrischen Gynen in einem Volk Polygynie durchaus als wahrscheinlich annehmen. Aber bereits während der Winterruhe oder einer sommerlichen Legepause) ist von Physogastrie oft nicht mehr viel zu sehen.Nun, Polygynie kann man also "von außen" gar nicht eindeutig feststellen. Ich könnte mir vorstellen, dass bei Anwesenheit mehrerer physogastrischer Königinnen (der gleichen Art) in einem Nest Polygynie vorliegt. Aber auch da dürfte die Sache nicht ganz klar sein: Welche Gründungsart liegt vor, wenn das Alpha-Weibchen (sofern es eines gibt) die Eier anderer fertiler Königinnen auffrisst?
Ein Naturschutzgebiet darf unter absolut keinen Umständen nach Ameisennestern durchsucht werden! (Abgesehen z. B. von der Erfassung des Artinventars mit behördlicher Ausnahmegenehmigung bzw. in behördlichem Auftrag.)
Das ist nicht nur gesetzlich verboten, es spricht auch Bände darüber, welche Einstellung zur Natur derjenige hat, der sich über diese eigentlich selbstverständliche Vorschrift hinwegsetzt.
Oft sind die einschlägigen Vorschriften und Verbote eigens auf Info-Tafeln an den Eingängen zu NSGs dargelegt. Dort heißt es unter anderem:
- „...keine wildlebenden Tiere stören, fangen oder töten und keine Brut- oder Wohnstätten zerstören.“
Wenn man etwa Steine umdreht, in der Absicht, Ameisen zu finden, zu sammeln oder zu fotografieren, so stört man die Tiere und zerstört unter Umständen deren Nester = Brut- und Wohnstätten. Gleichzeitig stört oder zerstört man auch die Wohnstätten zahlloser anderer Kleintiere. In Myrmica-Nestern gibt es zudem Raupen sehr selten gewordener und "besonders geschützter" Bläulingsarten.
Es ist unter Freiland-Myrmekologen längst bekannt, dass viele Ameisenarten, darunter besonders seltene und gefährdete (!), erst dann unter Steinen siedeln können, wenn diese über mehrere Jahre ungestört an einem Ort liegen. Umdrehen von flachen Steinen, auch wenn man sie sorgfältigst zurück dreht, führt dazu, dass evtl. vorhandene seltene Arten abwandern und möglicherweise zugrunde gehen. Beispiele sind Stenamma spp. und Myrmecina graminicola sowie einige Temnothorax-Arten. Opportunistische Arten wie Lasius niger oder Tapinoma spp. nehmen rasch deren Stelle ein. Ahnungslose "Ameisenfreunde" könnten auf diese Weise ein ehemals artenreiches Gebiet in einen Zustand versetzen, wie er an jedem Feldrain anzutreffen ist. Hierzu liegen sogar Veröffentlichungen vor, z. B. von Gößwald (1951).
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste