„Raptiformica sanguinea - ein verheerender Raubzug“

So lautet der Titel eines Berichts von „Zitrus“ aus dem AF vom 19. Juli21. Auf Seite 2 geht es weiter:
Das erinnert mich an eine Schilderung von Heinrich Kutter, der bei Binn im Wallis einen Raubzug über 170 m beobachtet hatte, über mehrere Tage, und mit Zwischenlagerung der geraubten Brut in „Depots“, die sich schließlich zu Zweignestern entwickelten. Zufällig waren wir am 22. Juli 2021 am Ort:
Im Neujahrtsblatt der Naturforschenden Gesellschaft auf das Jahr 1969, S. 29 ist der lebhafte Bericht zu lesen:
Die uralte, wunderschöne Brücke führt über den tosenden Bach; links hinten, vom Wald verdeckt, geht es hoch zu dem „malerischen Kirchlein“, das Heinrich Kutter erwähnt.
MfG,
Merkur
Als ich heute (zwei Tage nach der ersten Beobachtung des Raubzuges) nochmal am Ort des Geschehens vorbeikam, wurden immer noch Puppen aus dem Serviformica-Nest geholt und abtransportiert. Allerdings war die Zahl der Formica sanguinea-Arbeiterinnen nun weitaus geringer und die Situation glich nicht mehr einem Raubüberfall; es schien eher, als hätten sie noch die letzten Puppen rausgeholt, welche vielleicht von den Serviformica in Sicherheit gebracht werden konnten. ...
Ich bin die Strecke vom ausgeraubten Nest bis zu dem der Räuber abgelaufen und es waren 125 große Schritte. Da ich lange Beine habe; dürften das entsprechend viele Meter sein und somit immerhin das zweieinhalbfache der von Seifert angegebenen maximalen Entfernung, in welcher Nester ausgeraubt werden.
Das erinnert mich an eine Schilderung von Heinrich Kutter, der bei Binn im Wallis einen Raubzug über 170 m beobachtet hatte, über mehrere Tage, und mit Zwischenlagerung der geraubten Brut in „Depots“, die sich schließlich zu Zweignestern entwickelten. Zufällig waren wir am 22. Juli 2021 am Ort:
Im Neujahrtsblatt der Naturforschenden Gesellschaft auf das Jahr 1969, S. 29 ist der lebhafte Bericht zu lesen:
Bei Binn im Wallis führt jenseits des tosenden Baches ein schmaler Fahrweg zum malerischen Kirchlein hinauf. Sehr wahrscheinlich ahnte kaum je ein Kirchgänger, dass sich auf diesem Strässchen jeweils im Juli während mehrerer Jahre dramatische Kriegsereignisse abgespielt haben. Längs dem Bach entlang hatten sich damals eine grössere Anzahl fusca-Kolonien häuslich eingerichtet. Auf der Bergseite wird der Pfad von einem abschüssigen Grashang begrenzt. Darüber befinden sich Gebüsche und ein verstecktes Felsband. Oberhalb dieser Felsen befand sich die Burg eines ansehnlichen sanguineu-Volkes. Die lineare Distanz von Burg zum Weg beträgt 60 m bei mindestens 20 in Höhendifferenz. Dieses Räubervolk plünderte nun ohne Unterbruch ein fusca-Nest nach dem andern aus und dehnte seinen Aktionsradius schliesslich bis gegen das Kirchlein, das heisst bis auf eine Distanz von 170 m aus. Die erbeutete Puppenmenge war derart gross, die Gelegenheit derart günstig, der Heimweg aber jeweils derart beschwerlich, dass die Räuberinnen dazu übergingen, ihre gestohlenen Lasten nicht, wie üblich, sofort heimzuschaffen, sondern sie unter passenden Steinen auf der andern Wegseite zu deponieren und dort von einer Garnison bewachen zu lassen. Der eigentliche Heimtransport aus diesen provisorischen Depots erfolgte jeweils erst in den Abendstunden, zu einem Zeitpunkt, in welchem alle Kämpfe, der kühleren Temperatur wegen, aufhören. Ein aufmerksamer Beobachter konnte dann hunderte Puppen tragender Einzeltiere im hohen Gras bergwärts klettern sehen. Schliesslich bekamen die nie ganz leer werdenden Depots den Charakter und Rang von Ersatznestern und wurden durch den Zuzug von jungen Königinnen aus dem Hauptnest zu eigentlichen Zweignestern. Jetzt wurden die Depots nicht mehr entleert, die Erde unter den Steinen wurde ausgehoben und mit vielen Gängen durchzogen, die neu hinzugebrachten fusca-Puppen nicht mehr aufgestapelt, sondern ordentlich arrangiert. Alle weiteren Details dieser 1946 und 1948 beobachteten Feldzüge sind in den Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft zu finden (R. BRUN und H. KUTTER, 1947 und 1949).
MfG,
Merkur