Zum Abschluss des Sommers zog es uns noch einmal in wärmere Gefilde. Nachdem die Lage in Griechenland inzwischen einigermaßen stabil erschien, haben wir uns zu einem Aufenthalt um den Golf von Korinth entschieden. Ich kannte die Region von einer Forschungsreise im Oktober 1985, und so wollte ich nun auch meiner Frau die wunderbare Natur dort zeigen. Zudem kamen 1985 die Kultur und die Geschichte der Region über der "dienstlichen" Suche nach seltenen Sozialparasiten einfach zu kurz. Auch Erinnerungen an einen Familienurlaub auf dem Peloponnes im April 1980 wollten wir noch mal auffrischen. - Damals fuhren wir mit den noch kleinen Kindern im eigenen Auto via Autofähre Ancona-Patras dorthin, wo wir eine kleine Ferienwohnung gemietet hatten, 1985 chauffierte ich den Dienstwagen (VW-Bus) von Darmstadt über die ganze Strecke, und jetzt unternahmen wir die Reise per Flug und Leihwagen.

Vorab: Die herzliche Freundlichkeit der Griechen hat sich glücklicherweise nicht geändert! Für andere Gegenden kann ich natürlich nicht sprechen. Aber ganz in der Nähe von Delphi waren wir auch in Distomo, dem wohl bekanntesten Ort entsetzlicher Massaker durch die deutsche Wehrmacht im 2. Weltkrieg (https://de.wikipedia.org/wiki/Distomo). Dort haben uns allerdings nicht länger aufgehalten.
Wie bei unseren Urlaubsreisen zumeist, haben wir ein erstes Übernachtungsquartier bei Athen gebucht, dort ein kleines Mietauto von einem lokalen Vermieter genommen und uns sozusagen treiben lassen bzw. wurden telefonisch zur einem nächsten Unterkunft vermittelt. Das gibt größtmögliche Freiheit, und die internationalen Reiseagenturen müssen nicht mit verdienen: Was man ausgibt, bleibt wirklich im Lande!
Erstes Ziel war Loutraki, inzwischen ein sehr groß gewordener Ort, den ich von der Forschungsreise 1985 in schöner Erinnerung hatte. Man konnte noch vor dem Hotel baden, viel besser allerdings im Vouliagmenis-See (auch als „Blue Lagoon“ bezeichnet).
Es ist ein fast kreisrundes Gewässer mit Brackwasser. Darin dürfte eine sehr kräftige Karstquelle sprudeln, denn durch einen schmalen Kanal fließt ein starker Wasserstrom hinaus in den Golf. Oberflächlich ist das Wasser sehr warm, doch etwas tiefer wird es merkbar kalt.
Baden kann man vor dem Restaurant, oder auch an mehreren anderen Stellen mit Sandstrand.
Acropyga paleartica: Die Königin nimmt eine Wurzellaus mit auf Hochzeitsreise!
Dort, zwischen Loutraki und Perachora, hatten wir am 7. Oktober 1985 nachmittags einen Schwarmflug von winzigen Ameisen beobachtet, die wir für eine Plagiolepis-Art hielten. Auffällig war, dass die Gynen alle ein winziges weißes Etwas in den Mandibeln trugen, das später als Larve einer an Pflanzenwurzeln lebenden Schildlaus identifiziert wurde: Das erste Beispiel für eine Ameisenkönigin mit diesem Verhalten in Europa!
Veröffentlichung: Buschinger, A., Heinze, J., Jessen, K., Douwes, P., Winter, U. 1987: First European record of a queen ant carrying a mealybug during her mating flight. Naturwissenschaften 74, p.139-140.
Später wurden unsere Tiere als Acropyga paleartica Menozzi,1936 identifiziert. Die Art, nur Arbeiterinnen, wurde seinerzeit zusammen mit den Läusen in einem Erdnest auf einer der ägäischen Inseln gefunden. http://www.antwiki.org/wiki/Acropyga_paleartica
Natürlich hätte ich das gerne nochmals gesehen, und mit mehr Zeit zur Verfügung auch nach Nestern gebuddelt. Doch waren wir vielleicht um ein paar Tage zu spät dran; jedenfalls konnten wir nichts Passendes finden. – Seither wurde diese Art in Europa erst in 1996,1997, 2000 und 2014 wieder gesammelt, u.a. auf Kreta (https://www.antweb.org/browse.do?genus=acropyga&species=paleartica&rank=species&project=creteants) Es ist eine wirklich „selten“ erscheinende Art, die aber im östlichen Mittelmeergebiet eigentlich recht häufig sein dürfte. Zumindest sah ich jetzt um den Golf von Korinth sehr große Gebiete mit geeignet erscheinenden Kiefernwäldern, und bei den Meteora-Klöstern war ihr Schwärmen zufällig ebenfalls in 1985 von einer Studentin aus der Arbeitsgruppe von D. Cherix beobachtet worden!
Nach dem von uns gesammelten Material wurde die Gyne von Acropyga paleartica durch LaPolla 2004 beschrieben, das Männchen 2006. Auch die Wurzellaus war neu und erhielt ihren Namen Eumyrmococcus corinthiacus von Williams (1993) nach Tieren aus unserer Ausbeute. http://scalenet.info/catalogue/Eumyrmococcus%20corinthiacus/
Es gibt jüngere Beobachtungen dieses Verhaltens in der Gattung Acropyga, aus Arizona, und auch da erstmals für die Nearktis:
Chris R. Smith, Jan Oettler, Adam Kay, and Carrie Deans (2007): First Recorded Mating Flight of the Hypogeic Ant, Acropyga epedana, with its Obligate Mutualist Mealybug, Rhizoecus colombiensis. - J Insect Sci. 2007; 7: 11.
(Mit einem sehenswerten Foto von A. Wild!): http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2999416/
MfG,
Merkur
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