Es ist also, auch angesichts der nicht entsprechend langen Zunge, sicher falsch, wenn immer wieder behauptet wird, dass “die Ameisen“ metertief im Boden überwintern.
Der Specht hinterließ ein für Spechte typisches gekrümmtes Kotwürstchen:
Die weiße Hülle enthält Harnsäure, das Exkretionsprodukt von Vögeln; an dem braunen Ende sind bereits Chitinreste zu erkennen.
Da ich das „Fundstück“ eindeutig zuordnen konnte, war es eine Gelegenheit, mal zu untersuchen, was er denn wohl so verspeist haben könnte. – Sicher waren es noch nicht die Reste von Ameisen aus meinem Garten, aber wohl doch aus der näheren Umgebung.
In etwas Wasser wurde der Kot unter dem Binokular aufgezupft. Es quollen Tausende von Chitinteilen hervor.
herausgefischt und zu identifizieren versucht.
Lasius cf. flavus. #2 ist der Thorax einer Myrmica cf. rubra – Arbeiterin; #3: ein Flügel; #4: der Kopf einer Lasius cf. niger (Clypeus rechts, Komplexaugen oben und unten); #5: zwei Köpfe von Lasius cf. flavus (am rechten Exemplar ist gut zu erkennen, dass die inneren Zähne nicht etwas zurückgesetzt sind, es somit keine der pasrasitischen Chthonolasius-Arten sein kann).
Am auffälligsten waren Köpfe von Ameisen, während fast alle anderen Körperteile in ihre einzelnen Elemente zerfallen waren, Chitinplatten von der Gaster, Teile von Beinen und Antennen, Stücke von Thoraces, einzelne Petioli und Mandibeln, und ein paar Flügelstücke. Im Bild #1 war das größte noch zusammenhängende Teil, eine Lasius cf. flavus, einer von Myrmica cf. rubra, und oben der winzige Kopf einer Solenopsis fugax – Arbeiterin
(Kopfbreite 0.44 mm), kenntlich an der nur dreizähnigen Mandibel.
Zwei Köpfe von (Kopfbreite 0.44 mm), kenntlich an der nur dreizähnigen Mandibel.
mit je drei Ocellen, und mit zwei kleinen Spitzchen vorn am Clypeus (s. Pfeil).
Hier sind nur sieben von geschätzt 15 bis 20 Stück dargestellt! – Es handelt sich um Gynen von Solenopsis fugax! Dazu passen auch ein paar Köpfchen von Arbeiterinnen (eines in Bild 5), und die Aderung des Flügels in Bild 4 spricht ebenfalls nicht dagegen. Die Kopfbreite von 0.9 mm entspricht exakt der von vergleichsweise gemessenen Tieren aus meiner Sammlung).
Doch Solenopsis fugax schwärmt im Herbst; die Geschlechtstiere überwintern nicht im Nest. So bleibt als vorsichtige Deutung, dass der Specht ein Nest geöffnet hat, in dem sich noch Anfang Februar geflügelte Gynen befanden, die vielleicht im Herbst nicht mehr rechtzeitig schwärmen konnten. Ob so etwas schon mal beobachtet wurde (@ Boro!)?
Insgesamt hatte dieser Specht in wohl kurzem Abstand Bodennester von mindestens vier Arten aus drei Gattungen weit verbreiteter und häufiger Arten geplündert (Lasius cf. flavus, Lasius cf. niger, Myrmica cf. rubra, Solenopsis fugax). Für einen kalten Tag im Winter ist das keine schlechte Ausbeute!

Mengenmäßig waren die Köpfe von L. cf. flavus die häufigsten, gefolgt von ebenfalls zahlreichen L. cf. niger. Von der Myrmica-Art fand ich nur Reste von zwei oder drei Exemplaren. Auch S. fugax-Arbeiterinnen waren nur in sehr kleiner Zahl vorhanden, was angesichts der doch vielen Gynen dieser Art verwundert.
Der Specht darf mich gerne im Sommer nochmals beehren; dann mache ich mir auch die Mühe einer vergleichenden Untersuchung seines Nahrungsspektrums!

MfG,
Merkur