Es geht um „Rassistische“ Sprache in der Myrmekologie, und einen erneuten Versuch, Alternativen durchzudrücken.
Soll man etwas unternehmen? - „Sklavenhalter“ und „Sklaven“ , „slavemaker ants“ und „slaves“, wissenschaftlich auch „dulotic ants“, „slavery“, „dulosis“ usw.. Soll man daran Anstoß nehmen, soll man Ersatzbegriffe dafür einführen?
Die Anregung bzw. Forderung kam wiederholt von US-amerikanischen Myrmekologen, denn dort hat man ernsthafte Probleme mit alltäglichem Rassismus.
Nun ist das Thema wieder einmal hoch gekommen, in der Zeitschrift der Internationalen Union zum Studium der Sozialen Insekten IUSSI, die traditionell den französischen Namen „Insectes Sociaux“ trägt, und die ursprünglich, für etliche Jahre nach Gründung 1954, Artikel in vier Sprachen (D,E, F, I) veröffentlicht hat. Heute muss man auch da auf Englisch schreiben.
In der neuen Ausgabe, Heft 4 von Band 67, 2020, gibt es dazu ein Editorial:
Breed, M.D. The importance of words: revising the social insect lexicon. Insect. Soc. 67, 459–461 (2020). https://doi.org/10.1007/s00040-020-00783-4
Abstract
With the goal of creating a more open and inclusive scientific culture in the study of social insects, suggestions are made about word choice in publications on social insects. Scientists must acknowledge that the use of words with major human cultural associations can deter students and colleagues from engaging our field, and that students may feel emotionally harmed by the use of words like “slave” in scientific contexts. Specific reference in this commentary is made to the applications of slavery, caste, race, and social parasite, which have been used to describe aspects social insect biology. Cleptotecton, meaning stolen work, is suggested as a substitute term for slave, and cleptotectonic for slave-making. The use of geographic descriptors is also discussed. Better, and less culturally loaded, vocabulary is available for these concepts, and authors should reflect on the impacts of word choice on the community of social insect scientists.
Keywords: Lexicon Vocabulary Metaphor Slavery Caste Race Social parasite
In Publikationen über soziale Insekten sollen Wissenschaftler eine Reihe von altbekannten Termini ersetzten, weil deren Gebrauch Studierende und Kollegen davon abhalten könne, sich in unserem Fachgebiet zu engagieren, da sie sich durch den Gebrauch von Begriffen wie „Sklave“ im wissenschaftlichen Kontext emotional verletzt fühlen könnten.
In diesem Kommentar geht es speziell um die Verwendung von Sklavenhaltung, Kaste, Rasse und Sozialparasit, die benutzt werden für die Beschreibung bestimmter Teile der Biologie sozialer Insekten. Auch der Gebrauch geografischer Bezeichnungen wird diskutiert (so nimmt man Anstoß z. B. an „Africanized honey bees“, den „afrikanisierten Honigbienen“. Ein besseres und weniger kulturell belastetes Vokabular für solche Konzepte sei verfügbar, und Autoren sollten sich Gedanken machen über die Wirkung ihre Wortwahl auf die community der Entomologen.
Es gab bereits solche Ansätze. So hat insbesondere J. Herbers um 2007 sowie jetzt 2020 wieder versucht, alternative Termini für die sozialparasitischen Ameisen durchzudrücken:
Herbers JM (2007) Watch your language! Racially loaded metaphors in scientific research. Bioscience. https://doi.org/10.1641/B570203
Herbers JM (2020) Racist words in science. BioScience. https://doi.org/10.1093/biosci/biaa113
Seither musste man bei der Suche nach Arbeiten über Sklavenhaltung, slavery, dulosis, auch noch „piracy“ (Piraterei, Piratenameisen etc.) einbeziehen. - Das hat sich seinerzeit außer in ein paar wenigen Veröffentlichungen nicht durchgesetzt.
Man sollte bedenken, dass eine solche Umbenennung nicht nur in der englischen-sprachigen Literatur erfolgen soll. In Konsequenz müssten die Änderungen in allen anderen Sprachen erfolgen, in denen wissenschaftliche Veröffentlichungen ja auch heute noch erscheinen! Zudem würde die Änderung auch das Verstehen von wiss. Arbeiten durch Laien massiv erschweren; ich würde eine umfassende Verwirrung erwarten.
Vor allem aus diesem Grund bin ich strikt gegen die genannten Vorschläge und kann nur hoffen, dass wir davon verschont bleiben!
Am Ende sollen wir vielleicht auch noch auf Bezeichnungen wie „worker“ verzichten, weil die menschlichen Arbeiter*innen nicht gerne mit sexuell inaktiven Nur-Arbeitstieren verglichen werden möchten, oder weil die Königin als Geschlechtsorgan im Superorganismus Insektenstaat nun wirklich nichts gemein hat mit der britischen „Queen“?
MfG,
Merkur